Handybenutzung im Auto – 40 Euro für was?

Eingetragen von Rechtsanwalt Markus Lehmann am 01. Mar 2007 zum Thema Verkehrsrecht

Auf den ersten Blick sagt die Vorschrift des § 23 Abs.1a StVO recht klar, was Sache ist: „Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.“
Wer sich nicht daran hält, wird mit 40 € Bußgeld zur Kasse gebeten und erhöht sein Flensburger Konto um einen Punkt.
Moment mal – wann und vor allem wie genau darf der mobile Begleiter nun nicht benutzt werden ? Was ist, wenn eine Verbindung gar nicht zustande kommt, wenn lediglich Nachrichten oder Uhrzeit abgelesen, wenn Organizerfunktionen oder das integrierte Diktiergerät bedient werden? Man wird sich doch mit dem Handy am Rücken kratzen dürfen ?

Freilich ist die „Benutzung“ eines Mobil- oder Autotelefons mehr als bloßes Telefonieren. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und in seiner Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass die Benutzung sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet miteinschließe. Erfasst ist danach jedenfalls Kommunikation und auch sonstiger Datenaustausch. Rigide aber leider nicht einheitlich verfährt die Rechtsprechung: Jedenfalls derjenige Kraftfahrer, der bei laufendem Motor sein Handy in der Hand hält und durch Tastendruck bedient, erfüllt den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO. Die Benutzung der Diktierfunktion fällt hiernach mit OLG Jena ebenso unter das Verbot wie mit OLG Karlsruhe die Benutzung eines Palm-Organizers mit Telefonfunktion, wenn dieses Gerät bei eingeführter, sei es auch deaktivierter Mobilfunkkarte zum Abfragen gespeicherter Daten in der Hand gehalten wird. Sicher zu weit geht die Auffassung des OLG Hamm, wonach sogar das In-die-Hand-Nehmen eines Handys zum Ablesen der Uhrzeit verboten sein soll. Hiernach müsste ja auch das Überprüfen des Ladezustandes oder der Netzstärke darunter fallen. Das OLG Köln will hingegen das Aufnehmen des Geräts, um es lediglich von einem Ablageort an einen anderen zu legen zu Recht nicht unter das Verbot fassen. Eine höchstrichterliche Entscheidung darf mit Spannung erwartet werden. Bis dahin sei sogar vom Rückenkratzen mit dem Handy abgeraten. Für Überraschung sorgte ein neues Urteil des OLG Bamberg: Telefonieren darf hiernach ein Autofahrer, der beim Warten an einer roten Ampel den Motor abgeschaltet hat!
Gegen essen, trinken, Navi-Bedienung und ( vorerst ) auch rauchen, ja selbst gegen die Verwendung reiner Diktiergerte ist nichts einzuwenden, solange nichts passiert.
Wer in punkto Handy sicher gehen will, steckt es in eine feste Halterung und benutzt für Telefonate eine Freisprecheinrichtung. Obwohl hier meist ebenfalls mit nur einer Hand gelenkt wird, gilt § 23 Abs. 1a StVO dann jedenfalls nicht.
Im europäischen Vergleich ist das deutsche Bußgeld mit 40 € übrigens vergleichsweise harmlos, während etwa Griechenland, die Niederlande und Ungarn Bußgelder in Höhe von 150, 140 und 110 Euro kassieren.

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