Invasion im eigenen Haus

Eingetragen von Rechtsanwalt Roland Weber MBE am 27. Sep 2008 zum Thema Opfervertretung

Wenn es einen Platz gibt, an dem man sich geborgen und sicher fühlen kann, dann sollte es die eigene Wohnung sein. Das glaubte auch die Familie R. aus Hermsdorf. Allerdings nur bis zum 1. April dieses Jahres. An diesem Tag stürmten vier Männer in ihr Haus am Silvesterweg.
Alle vier stehen nun wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung vor einer Moabiter Jugendkammer. Alle vier gestanden.

“Dieser Überfall war der Inbegriff eines Alptraumes”, sagte Rechtsanwalt Roland Weber, der für Heike R. und den aus Mazedonien stammenden Vermittler von Profi-Sportlern Abdilgafar R. vor dem Gericht die Nebenklage vertritt. Seine Mandanten saßen an jenem 1. April vor dem Fernseher, als plötzlich die Wohnungstür aufgebrochen wurde und die mit Sturmmasken vermummten Eindringlinge erschienen. Abdilgafar R. stellte sich in den Weg und wurde niedergeschlagen. Auch die zierliche Heike R. traf ein Faustschlag, ihr Nasenbein wurde gebrochen, sie fiel benommen zu Boden und wurde erneut mit Schlägen attackiert.
Tochter mit Fausthieb niedergestreckt
Der 18-jährige Dennis Z. stürmte derweil verabredungsgemäß eine Etage höher. Dort saß die 17-jährige Tochter und telefonierte ahnungslos; auch sie wurde mit einem Fausthieb zu Boden geschlagen. Sie erlitt eine Jochbeinprellung und Verrenkung des Unterkiefers. Als eine gleichaltrige Cousine, die bei den R.s an diesem Tag übernachtete, aus dem Nebenraum kaum, wurde sie von Dennis Z. in den Raum gedrängt. Er versuchte, beide zu fesseln. Das gelang jedoch nicht mehr, weil sich Abdilgafar R. befreien, aus dem Haus rennen und einen Nachbarn alarmieren konnte. Seine Frau lief inzwischen die Treppe nach oben, weil sie sich um die Kinder sorgte. Ihre achtjährige Tochter fing an zu schreien, als sie das blutverschmierte Gesicht der Mutter sah. Nach Auskunft Webers ist “das Kind noch immer traumatisiert”. Der vierjährige Sohn war im Kinderzimmer geblieben und hatte glücklicherweise nichts mitbekommen. Drei der Räuber waren unterdessen geflüchtet. Dennis Z. gelang das nicht mehr. Er wurde von einem Nachbarn und Abdilgafar R. überwältigt und der Polizei übergeben. Zwei Tage später waren auch seine drei Kumpane gefasst.
Als Initiator des Überfalls nannten die Mitangeklagten den 18-jährigen Eric S. Er und der gleichaltrige Andreas J. wollten eine eigene Firma gründen: einen Limousinenservice - obwohl beide noch nicht einmal einen Führerschein besaßen und auch keinerlei Startkapital. Letzteres wollten sie per Darlehen bekommen. Bei deutschen Banken scheiterte das jedoch mangels Sicherheiten. Und eine im Internet gefundene englische Bank knöpfte ihnen zwar in drei Raten 3650 Euro Gebühren ab, stellte die erwünschten 150 000 Euro am Ende aber ebenfalls nicht zur Verfügung.

3000 Euro für Komplizen
Die jungen Männer hatten zu diesem Zeitpunkt schon einen rund 70 000 Euro teuren Pkw “Jaguar” bestellt und passende Geschäftsräume in Zehlendorf gefunden. Sie brauchten also dringend Geld.
Sein langjähriger Freund Erik S. sei dann auf die Idee gekommen, Luxuslimousinen zu rauben und zu verkaufen, sagte Andreas J. vor Gericht. Dafür hätten sie die anderen beiden Angeklagten als Verstärkung gewonnen. Beiden wurden jeweils 3000 Euro in Aussicht gestellt. “Ich habe das Geld gesehen und war für den Rest blind”, sagte einer von ihnen vor Gericht.
Zunächst hatten sie sich am 31. März eine Villa in Frohnau ausgesucht, vor der ein Maserati stand. Das Anwesen war jedoch mit Kameras und Bewegungsmeldern bestückt; das war ihnen zu gefährlich. Einen Tag später entschieden sie sich für das Haus der Familie R. in Hermsdorf, auf deren Hof ein Porsche Cayenne und eine Mercedes-S-Klasse geparkt waren. Die Besitzer, Heike und Abdilgafar R., werden morgen als Zeugen befragt.
“Dieser Überfall war der Inbegriff eines Albtraumes”


Mittwoch, 24. September 2008 02:27 - Von Michael Mielke


Beitrag erschienen in: Berliner Morgenpost

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