Sturz im Bus

Eingetragen von Rechtsanwalt Markus Lehmann am 11. Aug 2015 zum Thema Verkehrsrecht

In einem aktuellen Fall, den das OLG Frankfurt a.M. zu entscheiden hatte (vgl. OLG Frankfurt vom 19.02.2015, Az: 22 U 113/13), hatte sich eine Insassin erheblich verletzt, da der Busfahrer bereits angefahren war, ehe sie einen festen Halt und insbesondere einen Sitzplatz gefunden hatte und sie deshalb gestürzt war. Nach Angaben der Geschädigten hatte der Busfahrer vor Ort erklärt, dass er geglaubt habe, sie sitze bereits. Im späteren Verfahren war der Busfahrer aber nicht namentlich ermittelt worden, der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt war von dem Busunternehmen pauschal bestritten worden.

Das Landgericht hatte in der 1. Instanz die Klage der Insassin auf Schmerzensgeld abgelehnt. Wie bisher in der Rechtsprechung in solchen Fällen üblich, wurde darauf abgestellt, dass die Insassen selbst dafür verantwortlich sind, sich festen Halt zu verschaffen. Tun sie dies nicht und es kommt zum Sturz, wird regelmäßig das Verschulden bei den Insassen gesehen, mit der Folge, dass die Durchsetzung von Ansprüche gegen das Busunternehmen überwiegend erfolglos bleiben.

Im vorliegenden Fall hatte das OLG dies aber differenzierter gesehen. Danach könne das Busunternehmen die Sachverhaltsschilderung der Klägerin nicht einfach bestreiten, sondern muss den Unfall aus der Sicht des Fahrers schildern. Ist der Fahrer zunächst nicht bekannt, dafür aber üblicherweise Fahrzeit, Ort und Strecke, dann muss das Busunternehmen zunächst alle Anstrengungen unternehmen, diesen namentlich zu ermitteln, da ansonsten die Sachverhaltsschilderung der Klägerin als unstreitig zugrunde gelegt wird.

So erfolgte es im vorliegenden Fall, so dass das OLG dann danach zumindest eine Mithaftungsquote von 50% ausurteilte. Das Gericht ging davon aus, dass die Insassin auch für den Busfahrer erkennbar im Laufen beeinträchtigt gewesen war, da er ja nach ihr geschaut hatte, sich dann aber bzgl. der Frage, ob diese schon sich hingesetzt hatte, nachweislich geirrt hatte. Andererseits verbleibt auch weiterhin bei der Insassin ein Mitverschulden, da sie sich nicht festgehalten habe, sei es auch nur am Sitz.

Ob man in einem konkreten Fall erfolgreich Ansprüche durchsetzen kann, lässt sich regelmäßig nur durch frühzeitige Prüfung des Einzelfalls durch einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt sicherstellen.


Beitrag erschienen in: Rudow Live

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