Videoaufnahmen aus dem Auto - verwertbar für die Unfallregulierung?

Eingetragen von Rechtsanwalt Markus Lehmann am 12. Apr 2015 zum Thema Verkehrsrecht

In einem aktuellen Fall, den ein Landgericht zu entscheiden hatte (vgl. LG Heilbronn vom 03.02.2015, Az: I 3 S 19/14), hatte ein Unfallbeteiligter in seinem Fahrzeug eine sogenannte „Dashcam“ installiert, eine Minikamera, die das Verkehrsgeschehen vor dem Fahrzeug permanent aufnimmt.

Nach einem Unfall mit einem Motorrad berief sich der Unfallbeteiligte vor Gericht bezüglich des Nachweises des Unfallablaufs auf die aus seinem Fahrzeug gefertigten Videoaufnahmen und wollte diese im Verfahren als Beweismittel verwerten.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht als Berufungskammer haben die Verwertung der Videoaufnahmen abgelehnt. Dies wird in der Entscheidung des Landgerichts insbesondere damit begründet, dass mit der Videoaufzeichnung derzeit in mehrfacher Hinsicht gegen geltendes Recht verstoßen wird.
So wird mit der Aufzeichnung des Unfallgegners dessen, aus dem Grundgesetz hergeleitetem Recht auf „informationelle Selbstbestimmung“ verletzt. Schließlich argumentiert das Landgericht, würde die permanente Aufzeichnung des Straßenverkehrs durch eine Privatperson auch gegen das Bundesdatenschutzgesetz und gegen das Kunsturheberrechtsgesetz verstoßen.

Bei der Abwägung der Interessen würde nach dem Urteil jedenfalls das Interesse an der Aufklärung des Unfallhergangs nicht überwiegen und damit eine Verwertung der Videoaufnahmen nicht rechtfertigen.
Die Entscheidung ist nach diversen – sich widersprechenden amtsgerichtlichen Entscheidungen – wohl die erste landgerichtliche Entscheidung zu diesem immer mehr in der Praxis relevanten Thema.
Leider hat das Landgericht nicht die Revision zugelassen, um diese Frage vom Bundesgerichtshof klären zu lassen.

Auch bleiben weiterhin viele Fragen offen, so z.B. wie die Beurteilung ausfallen würde, wenn die Aufzeichnung nicht permanent, sondern nur im Fall eines Unfalls erfolgt, oder wenn Personen darauf konkret gar nicht zu erkennen sind oder diese vielleicht der Verwertung als Beweismittel zustimmen.
Auch ist derzeit völlig offen wie sich der BGH dazu positionieren wird, insbesondere wenn solche Kameras zukünftig immer mehr Standard in Fahrzeugen werden.

Ob man in einem konkreten Fall sich erfolgreich mit Videoaufnahmen behelfen oder sich gegen diese wehren kann, lässt sich regelmäßig nur durch frühzeitige Prüfung des Einzelfalls durch einen auf Verkehrsrecht bzw. Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt sicherstellen.


Beitrag erschienen in: Rudow Live

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