Wenn die Versicherung die Reparaturkosten kürzen will! - Teil 1

Eingetragen von Rechtsanwalt Markus Lehmann am 14. Nov 2012 zum Thema Verkehrsrecht

Ist ein Unfall passiert und hat der Geschädigte die Reparaturkosten mit einem Sachverständigengutachten ermittelt und es liegt kein Totalschadensfall vor, kann fiktiv abgerechnet werden.

Regelmäßig erlebt man dann aber, dass die Haftpflichtversicherungen des Schädigers eigene – und wen wundert es, ausschließlich günstigere - Schadensberechnungen gegenüberstellen, um den Entschädigungsbetrag zu kürzen.
Die günstigere Abrechnung ergibt sich insbesondere regelmäßig aus geringeren Stundenverrechnungssätzen freier Werkstätten, die von den Versicherern konkret als vergleichbare Werkstätten dem Geschädigten benannt werden. Leider hat der BGH in den letzten Jahren trotz „Porscheurteil“ dies gestützt und dies insbesondere mit der Schadensminderungspflicht des Geschädigten begründet. Wenige Ausnahmen wurden z.B. nur gemacht, wenn der Geschädigte ein relativ neues Fahrzeug (bis 3 Jahre) hatte, da bei einer Reparatur in einer anderen Werkstatt der Verlust von Garantieansprüchen drohte.

Gegen diese nicht überzeugende Rechtsprechung des BGH gibt es jetzt ein aktuelles und sehr gut begründetes Urteil des Amtsgericht Mitte (Az: 11 C 3172/10 vom 28.08.12), wonach sich nach einer Beweisaufnahme in dem dortigen Rechtsstreit beispielsweise ergeben hatte, dass die von der Versicherung benannten geringeren Stundensätze tatsächlich gar nicht verfügbar waren. Auch geht das Amtsgericht Mitte generell davon aus, dass eine Reparatur in einer „freien“ Werkstatt selbst bei technischer Gleichwertigkeit keinen gleichwertigen Ersatz gegenüber einer Reparatur in einer Markenwerkstatt darstellt. Dies zeigt sich z.B. u.a. auch an aktuellen Testergebnissen der Stiftung Warentest.
Auch geht das Amtsgericht Mitte davon aus, dass die Grenze von 3 Jahren, die der BGH als Ausnahme angesetzt hatte, völlig willkürlich sei, da z.B. Garantien deutlich länger und je nach Automarke völlig unterschiedlich sind, als die angesetzten 3 Jahre.

Ob auch die höheren Instanzen diesem Urteil des Amtsgerichts Mitte folgen werden, ist natürlich völlig ungewiss, es ist aber eine gute Argumentationshilfe, um für die Geschädigten in diesem Punkt etwas zu bewegen.
Jede Schadenskonstellation – gerade in solchen Grenzfällen -  sollte also immer mit anwaltlicher Unterstützung anhand der aktuellen Rechtsprechung geprüft werden.

Lesen Sie auch Teil 2: Wenn die Versicherung die ermittelten Reparaturkosten kürzen will - Teil 2

 


Beitrag erschienen in: Rudow Live

Weitere Artikel

Roland Weber MBE zu Gast im True Crime Podcast vom Tagesspiegel: “Tatort Berlin”

Im True-Crime-Podcast „Tatort Berlin“: Warum ein Rentner seine große Liebe tötet" ist Rechtsanwalt Roland Weber zu Gast und spricht über einen Fall, der die schrecklichste Seite des Pflegedesasters offenbart ...

Zum Artikel

Experteninterview mit Roland Weber MBE in STERN CRIME PLUS

Vor Gericht geht es um viel: Schuld, Unschuld, Strafe und Freiheit. Um wen es kaum geht: die Opfer und ihre Angehörigen. Nebenklage-Spezialist Roland Weber verschafft ihnen Gehör ...

Zum Artikel

Spurwechsel

Aktuell hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2022, Az: VI ZR 1308/20), ob bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Wechseln einer Fahrspur der Fahrspurwechsler regelmäßig für den Schaden (mit)haftet.

Zum Artikel

Büro Berlin-Mitte

Zimmerstraße 55
10117 Berlin

Tel: 030 440 17703
Fax: 030 440 17704

Email: info@wup.berlin

Kontaktieren Sie unsKontakt