Der Mann, der den Opfern hilft

Eingetragen von Rechtsanwalt Roland Weber MBE am 13. Okt 2012 zum Thema Opfervertretung

Rechtsanwalt Roland Weber soll die Betroffenen nach Straftaten unterstützen und Kontakte zu Hilfsorganisationen vermitteln.

Von Michael Mielke

Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) hat den Rechtsanwalt Roland Weber zum ersten Opferbeauftragten in Berlin ernannt. Heilmann sprach bei der Vorstellung Webers, der diesen Posten ehrenamtlich ausüben wird, von “einem bundesweit bislang einmaligen Projekt”. Es gebe trotz schon bestehender und teilweise auch sehr guter Hilfsangebote “massiven Unterstützungsbedarf für Opfer”, sagte Heilmann.

Wichtigste Aufgabe des Opferbeauftragten soll es sein, “Opfern von Straftaten, insbesondere Gewalttaten, noch effektivere Unterstützung anzubieten”, so der Senator. Weber solle jedoch “keine weitere Ansprechperson für Opfer” sein. “Seine Aufgabe ist es”, so Heilmann, “die Zusammenarbeit der verschiedenen Hilfsorganisationen wie dem Weißen Ring und schon bestehenden Anlaufstellen der Polizei und der Justiz zu koordinieren.” Opfern solle es dadurch leichter fallen, den für sie richtigen Ansprechpartner zu finden. Weber soll dafür mit allen Institutionen zusammenarbeiten. Er wird Schwachstellen ermitteln, Vorschläge für Verbesserungen machen und dafür auch Mitarbeiter der Justiz befragen dürfen.

Pro Jahr fast 78.000 Opfer

Direkter Ansprechpartner ist der Justizsenator. Geplant ist zudem, möglichst kurzfristig auf der seit Freitag bestehenden Website des Opferbeauftragten (www.berlin.de/sen/justiz/) ein umfassendes und übersichtliches Angebot für Opfer und deren Angehörige bei der Suche nach Hilfe und Ansprechpartnern zu bieten.

Auch Anwalt Weber betonte, dass die Unterstützung für Opfer von Straftaten durchaus verbesserungswürdig sei. “Wir müssen den Opfern mehr Gewicht beimessen, sie dürfen nicht allein gelassen werden”, sagte der Anwalt. Er wolle Hilfsangebote besser vernetzen und präsenter machen. “Bislang gibt es gute Solisten - das soll jetzt ein Orchester werden.” Laut polizeilicher Kriminalstatistik hat es in Berlin im vergangenen Jahr 77.916 Opfer von Straftaten gegeben. Wobei das natürlich nur die registrierten Fälle betreffe. Das reiche von Morden (53 Fälle) über Totschlag (103 Fälle), Vergewaltigung und sexuelle Nötigung (640 Fälle) und den sexuellen Missbauch von Kindern (912 Fälle) bis hin zur gefährlichen und schweren Körperverletzung (12.719 Fälle) und zu Raubüberfällen und räuberischen Erpressungen (9407 Fälle).

“Das ist ein komplett gefülltes Olympiastadion - mit Einzelschicksalen”, sagte Weber. Statistisch hätte sich aber nur jedes zehnte Opfer an den Weißen Ring oder andere Anlaufstellen für Opferhilfe gewandt. Weber sieht hier vor allem Handlungsbedarf: “Verbesserungen der Webinformationen, effizientere Informationsmöglichkeiten im öffentlichen Raum, Gewinnung von Ansprechpartnern in speziellen Bevölkerungsgruppen”. Als Beispiele nannte er Stadtteilmütter oder auch Geistliche der verschiedenen Religionsgruppen.

Vorstellen könnte sich Weber auch die Schaffung einer speziellen Opferambulanz in Berlin. “Dort könnten dann beispielsweise Opfer von Vergewaltigungen anonym untersucht und Beweise - wie Verletzungen und DNA-Spuren - gesichert werden.” Den Opfern bliebe anschließend genügend Zeit zu überlegen, ob sie nicht doch den Täter anzeigen oder sich weitere Hilfe bei Experten holen wollen. Eine andere Idee Webers ist es, “eine Anlaufstelle für Touristen zu schaffen, die Opfer von Straftaten wurden”. In anderen europäischen Großstädten gebe es derartige Anlaufstellen schon. Sie hätten sich bewährt.

Roland Weber, geboren 1966 in Stuttgart, studierte Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin. 1999 erhielt er die Zulassung als Rechtsanwalt, seit 2009 ist er Fachanwalt für Strafrecht. Er gehört schon seit Jahren zu den profiliertesten Opfer-Anwälten Berlins. Bundesweit bekannt wurde Weber durch sein Agieren als Nebenklagevertreter in einem Prozess gegen einen 16-Jährigen, der in Zehlendorf einen Siebenjährigen ermordete. Weber sollte vor Gericht die Eltern des getöteten Kindes vertreten, wurde von dem Vorsitzenden der Jugendkammer dafür jedoch nicht zugelassen - mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Jugendlichen handele.

Kampf für verbessertes Gesetz

Der Anwalt hatte damals Beschwerde eingelegt und sich an die Öffentlichkeit gewandt. Ohne schnellen Erfolg - am Ende jedoch keineswegs erfolglos. Es gab Empörung in den Medien, Leserbriefe. Politiker griffen den Fall auf. Im Rahmen des “Zweiten Justizmodernisierungsgesetzes” gab es schließlich eine vom Bundestag beschlossene Änderung. Und seit 2007 ist bei schweren Straftaten auch in Prozessen gegen Jugendliche die Anwesenheit eines Anwaltes möglich, der die Angehörigen des Opfers vertritt.

Auch in anderen spektakulären Berliner Prozessen trat Weber auf: In dem Verfahren um den am 17. März 2006 in Neukölln von einem Drogenhändler erschossen Hauptkommissar Uwe Lieschied. In dem Prozess gegen einen 16-Jährigen, der am 16. Mai 2006 bei der Eröffnung des Hauptbahnhofs Amok lief und 37 Menschen mit seinem Klappmesser teilweise schwer verletzte. Und in dem Verfahren gegen einen 28-jährigen Gastwirt, der im 2007 mit einem Gymnasiasten ein Wett-Saufen (“Koma-Saufen”) veranstaltete, das für den 16-jährigen tödlich endete.

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Beitrag erschienen in: Berliner Morgenpost

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