Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen?

Eingetragen von Rechtsanwalt Markus Lehmann am 17. Jul 2018 zum Thema Verkehrsrecht

Diese Frage war schon öfters Thema hiesiger Artikel und auch diverser Gerichtsentscheidungen. Nun liegt endlich eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes vor (vgl. BGH Urteil vom 15.05.2018, Az: VI ZR 233/17).

In dem zu entscheidenden Fall kam es zu einem Unfall beim Abbiegen der zwei Beteiligten in parallelen Fahrspuren, wobei jeder der Beteiligten dem Anderen vorwarf, die Spur verlassen zu haben und damit den Unfall verursacht zu haben. 

Die Versicherung regulierte nur die Hälfte des Schadens, daraufhin kam es zur Klage. In dem Verfahren wollte der Kläger nun die vorhandenen Videoaufnahmen der Dashcam aus seinem Auto, die den Unfallablauf zeigte, als Beweis verwenden, um den Beweis zu führen, dass der andere Unfallbeteiligte die Spur verlassen hatte und damit für den Unfall verantwortlich ist.

Sowohl das Amtsgericht, als auch das Landgericht hatten die Aufnahmen der Dashcam nicht zugelassen, da die Anfertigung gegen den Datenschutz verstoße, so dass die Klage abgewiesen wurde. Dagegen richtete sich die Revision, so dass nun der BGH entscheiden musste.

Der Bundesgerichtshof hat letztlich dem Kläger Recht gegeben und die Urteile aufgehoben und zurückverwiesen. Zwar verstoße die dauerhafte und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens gegen den Datenschutz, doch ist selbst dann die Videoaufzeichnung als Beweismittel dennoch verwertbar. In einer Interessen- und Güterabwägung überwiegen laut BGH die Interessen des Beweisführers an der Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber den Interessen des Beweisgegners an seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Recht am eigenen Bild. Auch die Interessen anderer – zufällig mitgefilmter - Verkehrsteilnehmer ändern daran nichts. Auch ist gerade durch die Regelung der Unfallflucht als Straftatbestand (§ 142 StGB) vom Gesetzgeber den Beweisinteressen des Unfallgeschädigten ein besonderes Gewicht verliehen worden, wonach jeder Unfallbeteiligte eben verpflichtet ist, entsprechende Angaben zur Unfallbeteiligung zu machen.

Nach allem dürfte durch dies Entscheidung Videoaufnahmen von Dashcams zukünftig eine größere Rolle im zivilrechtlichen Unfallprozess zukommen.


Beitrag erschienen in: Rudow Live

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Aktuell hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 08.03.2022, Az: VI ZR 1308/20), ob bei einem Unfall im Zusammenhang mit dem Wechseln einer Fahrspur der Fahrspurwechsler regelmäßig für den Schaden (mit)haftet.

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